WissenOhneWissen

       NichtWissen

       Wissen

 

 

Können Wir Wissen Ohne Wissen?

Als ich mich vor über 10 Jahren mit dem Thema Hochsensibilität befasste, beschloss ich, keine Nachrichten mehr zu lesen, zu hören und zu schauen, um meine Reizaufnahme zu vermindern. Am Anfang war es etwas komisch, über die Zeit fiel es mir immer leichter, dazu zu stehen und es vor anderen zu vertreten. Natürlich begegnen mir auch heute noch Aussagen, wie „Das musst du doch wissen!“ oder „Hast du das nicht mitbekommen?“ oder „Du musst doch wissen, was in der Welt los ist!“ oder andere Aussagen. Doch inzwischen lassen sie mich nicht mehr an mir oder meiner Entscheidung zweifeln, denn

1) Habe ich bisher nichts verpasst.
2) Lebe ich ruhiger, ohne mir all den Weltschmerz auch noch in meinen Alltag zu holen.
3) Kann ich heute schmunzeln, wenn ich ein Titelblatt oder ein Zeitungscover lese.

Für mich ist dieses #NichtWissen, ich möchte fast sagen, überlebenswichtig, da ich mir sowieso schon so endlos viele Gedanken über alles mache. Würde ich mich nun auch noch mit den Schlagzeilen beschäftigen und mir jeden Tag ansehen oder anhören, wo jemand stirbt oder gefangen genommen wird, wo Krieg herrscht, wo Menschenrechte verletzt werden etc., dann würde ich morgens nicht mehr nur nicht aufstehen, sondern nicht mal mehr aufWACHEN wollen.

Für mich sind Nachrichten eine Zusatzbelastung, da ich mich schlecht abgrenzen kann, und ich bin froh, sie aus meinem Leben entfernt zu haben. Außerdem leben wir in einer Welt, in der inzwischen ALLES auf allen Kanälen oder Plakaten oder Bildschirmen erscheint. Manches bekomme ich also trotzdem mit – ob ich will oder nicht.

Selbst zu Coronazeiten habe ich alles gemieden, was mit Nachrichten zu tun hatte und manchmal habe ich mich gefragt, wie witzig es gewesen wäre, wenn ich wirklich GAR NICHTS davon mitbekommen hätte und beim Einkaufen mal jemanden gefragt hätte, warum sich plötzlich alle das Gesicht bedecken 😉 Oder wenn ich mal jemanden gefragt hätte, ob die Kassierer plötzlich Angst vor Menschen haben, oder wofür diese Plexiglasscheiben sind, hinter denen dann der Paybackscanner und das EC-Kartengerät quasi unerreichbar scheinen.

Letztendlich hatte ich mein Verhalten nicht wirklich verändert, WEIL ich eben gar nicht alles wusste und erst recht nicht alles befolgte. Ich glaube, wäre mein Mann kein fleißiger Nachrichtenleser und hätte mir nicht das eine oder andere erzählt, würde sich mein Wissen darauf beschränken, dass die Menschen komisch wurden, plötzlich Masken trugen, sich gegenseitig anschwärzten und dass ich bei manchen Ärzten vor der Praxis warten musste und bei anderen gar nicht erst in die Sprechstunde durfte. Ach ja, und dass ich meinen einjährigen Sohn nach seiner OP im Aufwachraum nicht mit meinem Gesicht berühren, ihn nicht küssen durfte. Ähm ja, das möchte ich jetzt gar nicht weiter ausführen.

Jedenfalls bin ich der Meinung, dass ich weder alles wissen muss noch alles wissen kann. Durch meine Studien bin ich voll mit Wissen und weiß doch gleichzeitig ganz oft nichts davon, denn wie wird uns denn Wissen vermittelt? Schubladen, Akkordlernen, Lernen für den Moment. Viel zu viel Wissen in viel zu kurzer Zeit bekommen wir vermittelt, und wir merken uns, ich weiß es nicht, nicht mal die Hälfte? Oder wisst ihr noch, wie eine Kurvendiskussion geht? Oder eine Interpretation von Kafkas „Die Verwandlung“? Oder wie das mit der Plattentektonik genau funktioniert(e) und was eine Diffusion ist? Der eine oder andere wird sagen „Klar, weiß ich noch!“ Doch meistens wissen wir noch genau das aus den Fächern, die uns interessierten. Bei mir gibt es selbst da viele Lücken. Ich habe immer das Gefühl, ich habe vielmehr ein VERSTÄNDNIS für Wissen. So lernte ich auch immer: Ich wollte und musste es verstehen, um es dann anwenden und wiedergeben zu können. Ich hasste das Auswendiglernen. So passiert es mir auch heute noch, dass ich Bücher lese und sich in mir ganz viel „Ah!“ und „Oh!“ und „Wow, verstehe.“ und „Aha!“ oder andere begeisterte Aussagen breit machen und ich total begeistert bin, von dem, was ich lese und verstanden habe und was endlich Sinn ergibt und schlüssig ist und sich gut anfühlt. Und wenn ich es dann jemandem erzählen will, fehlen mir schlichtweg die Worte. Ich kann es NICHT erklären. Manchmal bin ich frustriert und manchmal stolz, weil ich es scheinbar auf einer tieferen Ebene einfach nur VERSTANDEN habe, es fühle, und das vielleicht auch schon alles sein darf, und ich es nicht WISSEN muss in dem Sinne, dass ich anderen erzähle, was ich alles weiß. Ergibt das Sinn für euch? Vielleicht ja, vielleicht nein. Vielleicht kennt das jemand von euch ja auch, vielleicht auch nicht. Jedenfalls lese ich viel und weiß auch viel, aber irgendwie auf einer anderen Ebene. Und deswegen muss ich auch keine Nachrichten hören, sehen oder lesen, weil es da diese Ebene in mir gibt, die doch auch so weiß und fühlt, was los ist auf der Welt. Klingt dir zu abgedroschen? Mir auch manchmal. Aber besser kann ich es nicht beschreiben:

Fakt ist: Ich bin froh, dass ich vieles nicht weiß, und dass ich weiß, wo viele Dinge stehen 😉 Und dass viele Menschen schon gesagt, gedacht und geschrieben haben, was ich weiß, und auch das, was ich noch nicht weiß – vielleicht noch nicht bewusst weiß. Denn alles in allem haben wir doch alle das notwendige Wissen über Gott und die Welt in uns 😊 Wir brauchen nur hinschauen, hinfühlen und SEIN.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf das #NichtWissen

Alle Fotos dieses Blogbeitrages wurden von der lieben Franzi von Streifenblicke Fotografie gemacht. Danke @streifenblicke_lustbilder 😊 

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